Nachdem ich 2014 anlässlich meiner
Lahn-Rhein-Radtour
festgestellt hatte, dass die Lahnquelle und die Ederquelle nur wenige
Kilometer voneinander entfernt im Rothaargebirge entspringen, dachte ich mir, so
eine Edertour wäre doch eine prima Vatertagstour, die dann vom 13.5.-17.5.2015
unternommen wurde.
Die Gesamtstrecke belief sich auf rund 420 km.
Der
Streckenverlauf kann durch Anklicken angesehen werden. Die Tour habe ich
auf Komoot nachträglich erstellt, daher weicht die dortige Kilometerzahl von
meinen tatsächlich gefahrenen Kilometern etwas ab. Die Klammerangaben hinter den
Ortsnamen sind Höhenmeter. Das Wetter war durchgehend schön und sonnig.
1.
Tag: Anreise Siegen - Ederquelle - Bad-Berleburg 59 km
Zunächst ging es von
Göppingen mit dem Zug nach Siegen (267), wo
ich gegen Mittag ankam und am Bahnhof zunächst zu Mittag aß. Frisch gestärkt
ging es dann das Siegtal flussaufwärts nach Netphen (301) auf dem entsprechend
ausgeschilderten Fahrradweg hinauf zur Obernau-Talsperre (380) und an dieser
linksseitig entlang.
Obwohl künstlich, liegt der See sehr idyllisch in der Landschaft.
Am Seeende geht es dann steil nach oben und man erreicht kurz vor der Querung
der Landstraße den zunächst höchsten Punkt der Tour mit 667 hm. Kurz nach der
Überquerung der Landstraße zeigt dann ein Schild den Weg zur "Ederquelle", die
aus einem im Wald stehenden Stein mit der Aufschrift "Ederquelle" besteht. Von
Wasser war weit und breit nix zu sehen! Tatsächlich sammelt sich das Wasser des
beginnenden Ederbächleins etwas talabwärts des Steins im Quellmoor des
sogenannten Eder-bruchs, den man auf einem Waldweg talabwärts fährt. Nach einigen
Kilometern findet man dann unterhalb von Lützel endlich die Eder in
Form eines aus einem kleinen Tal hinausfließenden Bächleins.
Nun radelte ich munter weiter das Edertal hinab auf dem Radweg bis Erndtebrück
(481). Dort gönnte ich mir ein gemütliches Kaffeepäuschen mit einem Stück
Frankfurter Kranz und einem gemütlichen Schwatz mit zwei anderen Radlern.
Obernau-Talsperre
"Ederquellstein"
Weiter ging es bis Bad Berleburg (417). Dort fand ich am
Ortseingang den einfachen aber ordentlichen Gasthof Gunsetal, in welchem ich preiswert
sowohl zu Abend aß als auch übernachtete.
2.
Tag: Bad-Berleburg - Edersee - Wellen 123 km
Am nächsten Morgen war
nach dem Frühstück eine Ortsbesichtigung mit dem Fahrrad angesagt. Bad Berleburg
hat ein sehr schönes Schloss und eine dieses umgebende Altstadt mit vielen schiefergedeckten
Häusern, die sich ein wenig oben am Berg verstecken.
Schloss Berleburg Edertal ehem. Eisenbahntunnel
Zurück im Edertal
schlängelt sich das Flüßchen recht idyllisch durch die Landschaft. Der Radweg
führt teilweise auf einer ehemalige Eisenbahntrasse entlang, sodass man noch vor
Battenberg-Dodenau einen Tunnel durchfährt, der im Winterhalbjahr geschlossen ist, weil
er Fledermäusen als Winterquartier dient. Auch eine Wassermühle mit schönem
Wasserrad
(anklicken!), die heuzutage Strom produziert, konnte man entdecken, wenn man die
Augen ein bisschen offenhielt. Später passiert man auch einen Ort namens Battenberg.
Der Onkel des ewigen Thronfolgers Prinz Charles in England, Lord Mountbatten,
entstammte der englischen Linie dieses Adelsgeschlechts, die ihren deutschen
Namen im Zuge des ersten Weltkriegs anglisierte. In Frankenberg (272),
welches zwar auch im Edertal liegt, muss zur sehr schönen Altstadt mit viel
Fachwerk jedoch, wie der Name schon vermuten lässt, den Berg hinauf geradelt
werden. Dort fand sich dann auch ein Café mit ausgezeichneten Torten, das eine Kaffepause zwingend erforderlich machte.
Weiter ging es auf dem Radweg bis nach Herzhausen (264), welches am oberen Ende
des Ederstausees liegt. Man hat hier nun die Wahl, am See "links
vorbei", also auf der nördlichen Seite oder "rechts vorbei", also auf der
südlichen Seite zu fahren. Ich entschloss mich zu "rechts vorbei", weil diese
Strecke durchgehend dem Seeufer folgt und nicht wie die andere Route
größtenteils vom See weg über die Hügel.
Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig. Der Stausee ist idyllisch von
Laubwald umgeben und nach dem Passieren eines größeren Campingplatzes wird aus
der Auto-straße ein einsamer Radweg. Probleme machte allerdings die
Quartiersuche, da ich eigentlich am See übernachten wollte, die dortigen Örtchen
sich aber weitgehend als Campingplätze ohne Gasthäuser bzw. Hotels entpuppten
und ich mein übliches Tagelimit von ca. 100 km inzwischen mehr als erreicht hatte.
Zunächst ging es bis zum Seeende, also bis zur Staumauer. Zweck des Staus ist die
Versorgung der Weser und des Mittellandkanals mit Wasser, also die Sicherung der
dortigen Schiffahrt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Staumauer von der Royal
Airforce stark beschädigt, die zu diesem Zweck extra eine Rotationsbombe
eingesetzt hatte, die vor der Mauer von einem Bomber rotierend abgeworfen wurde,
ähnlich einem hüpfenden Stein, die vor der Staumauer eingehängten Torpedonetze
übersprang und ein ziemliches Loch in die Mauer riss.
Die Hotels an und unterhalb der Staumauer waren komplett ausgebucht. Man merkte
das verlängerte Vatertagswochen-ende und nun war
guter Rat teuer, zumal es auch zu dämmern begann. Ich beschloss, den Ederradweg,
der abseits der Landstraße nach Fritzlar weiterführt, zu verlassen
und
mich auf die zu dieser Zeit ohnehin leere Bundesstraße zu begeben, um die dort
liegenden Dörfer zu passieren.
In Wellen fand ich im dortigen Gasthaus Zorn ein sehr
preisgünstiges Zimmer und in der Gaststube, in der einige
Vatertägler schon
recht fröhlich waren, gab es eine schmackhaftes Abendessen. Radler was willst du
mehr!
Ein schöner sonniger Tag mit herrlicher Landschaft hatte seinen gemütlichen
Abschluss gefunden.
Ederseetalsperre
3.
Tag: Wellen - Fritzlar - Alsfeld 123 km
Am nächsten Morgen ging es
zurück auf den Ederradweg zunächst bis Fritzlar (189), einer am oberen
Talrand gelegenen schönen Fachwerkstadt mit Stadtmauer, Dom und
einem Denkmal, welches an den Missionar Bonifatius erinnert, der um 723 die den
damaligen Einheimischen heiligen Donareiche fällen ließ, um die Überlegenheit
des christlichen Gotts gegenüber dem heidnischen Donar zu beweisen. (Schon
merkwürdig: heute sprengen gewisse Typen in Syrien und im Irak auch antike
Bauwerke ?!).
Nun ja, jedenfalls ist
Fritzlar einen ausführlichen Besuch wert.
Weiter ging es auf dem Ederradweg bis Wabern.
Von hier aus sollte es ursprünglich bis zur Einmündung der Eder in die Fulda und
dann flussaufwärts bis Fulda oder auch weiter gehen. In Wabern stieß ich dann
aber auf die Informationstafel über den dort endenden Schwaltalmradweg.
Der Radweg sah vielversprechend aus, zumal man von der Schwalmquelle aus
über den Vogelsberg hinüber ins Niddatal und dann bis Frankfurt radeln kann.
Prima dachte ich mir, das wäre doch auch eine Idee! Als Soloradler unterliegt
man keinen komplizierten Gruppenabstimmungsprozessen und so fuhr ich kurz
ent- schlossen Richtung Schwalmquelle.
Vorbei an der ehemaligen Braunkohlestadt Borken (186) ging es zunächst
bis Bad Zwesten. Da es Mittag war und der Vorname "Bad"
vielversprechend klang, bog ich vom Radweg ab und suchte in Bad Zwesten ein
gemütliches Lokal zum Mittag-essen. Pustekuchen! Ich fand zunächst nur
geschlossene, ehemalige
Gastwirt-schaften und nach langem Suchen am anderen Dorfende endlich einen
Fritzlar Bonifatiusdenkmal
Italiener, bei dem ich eine ausgezeichnete gegrillte Dorade mit Rosmarinkartoffeln
und blanchiertem Gemüse
zu essen bekam.
So gestärkt ging es dann zurück auf den Schwalmradweg zunächst bis Schwalmstadt
bzw. dessen Ortsteil Ziegenhain (214).
Ziegenhain ist eine von einem Wassergraben
umgebene, ehemalige Stadtfestung, heute wohl eher Dorf, und man fährt leicht daran vorbei,
wenn man nicht bewusst vom Schwalmradweg abweicht, bevor man weiter Richtung
Alsfeld fährt.
In Alsfeld (268) fand sich das Hotel zum Schwalbennest und nach der warmen Dusche und den
Wechsel in nicht riechende Bekleidung folgte ein Stadtbummel durch die sehr
schöne Fachwerkstatdt und eine Einkehr in ein uriges Lokal mit Spezialitäten des
Vogelsbergs, von denen ich mir eine (Name habe ich vergessen, es war so eine Art
Speck-Sauerkraut-Knödel) samt einem dunklen Bierchen munden ließ.
Alsfeld Marktplatz
4. Tag: Alsfeld -
Schwalmquelle - Nidda 63 km
Am
nächsten Morgen fuhr ich zunächst vorbei an gelb blühenden Rapsfeldern hinauf in den
Vogelsberg bis zur Schwalmquelle (521),
die idyllisch mitten in einem
Waldgebiet des Vogelsbergs liegt.
Weiter ging es nun über ein Hochplateau (590)
mit Windrädern bis Ulrichstein (569) welches sich als Hessens
höchstgelegene "Stadt" bezeichnet. Das hört sich recht interessant an.
Tatsächlich ist es nur ein auf einem Bergrücken gelegenes Dorf mit ca. 1000
Einwohnern und den Resten eines Burgturms. Nun ja, immerhin fand sich dort
ein schönes Lokal für die Mittagspause.
Von nun an ging´s bergab, um einen alten Hildegard Knef-Song zu zitieren, und
zwar runter bis auf 473 hm ins Gilgbachtal, um dann wieder auf 536 hm
hinaufzuradeln und wieder runter auf 469 m nach Kitzenhain ins Streitbachtal und
wieder rauf auf 560 hm und dann endlich runter nach Schotten (275) ins
Tal der Nidda.
Schwalmquelle Windpark
bei Ulrichstein
Ehrlich gesagt
freut man sich bei solchen Berg-und-Tal-Touren doch sehr über den kleinen Motor unter seinem
Hinterteil. Im Niddatal angekommen passierte ich wenige
Kilometer nach Schotten noch einen Stausee, der als Naherholungsgebiet genutzt
wird. Hier wollte es mal kurz zu regnen beginnen. Petrus
überlegte es sich aber dann doch anders und so kam ich am Abend trockenenen
Rades in Nidda (131) an. Im dortigen Hotel Traube mit
eigener Brauerei fand sich eine schöne Bleibe
und abends
gab es zum herzhaften Essen ein leckeres, hausgebrautes Bier.
Am nächsten Morgen ging es auf dem Niddatalradweg weiter Richtung Frankfurt
und zunächst bis Ibbenstadt (117). Man sieht vom Radweg aus schon die
Türme der Abteikirche des
ehemaligen Prämonstratenser-Chorherrenstifts, welches 1803 säkularisiert wurde.
Ein Abstecher mit Besichtigung der Kirche lohnt sich. Obwohl es Zeit für
eine Mittagspause war, ergab sich erst in Karben bei einem Griechen oder
Italiener (?) die Möglichkeit zum Mittagessen. Weiter ging es durch das
inzwischen sehr breite Niddatal. Es gibt dort viele Störche, die ohne Scheu
fahrenden Traktoren hinterherlaufen. Offenbar werden durch die Traktoren Frösche
aufgeschreckt oder so ähnlich.
In Bad Vilbel merkte man dann, dass man sich im Großraum Frankfurt
befand.
Die Gäste in den dortigen Parkanlagen dürften nicht nur aus dem Ort
selbst gewesen sein. Bad Vilbel hat eine schöne Burgruine, die für
Theateraufführungen
genutzt wird. Ich selbst gönnte mir noch ein Stück Torte, bevor es dann zur
letzten Etappe nach Frankfurt zum dortigen Hauptbahnhof ging.
Dort hatte ich dann ein Bundesbahnerlebnis der besonderen Art. Zunächst sagte
man mir, dass ein bestimmter Zug Richtung Stuttgart fahradabteilmäßig völlig
ausgebucht sei und ich einen anderen Zug nehmen müsse, bei dem ich dann
irgendwann nach Mitternacht nach Hause gekommen wäre bzw. in dieser Nacht
überhaupt nicht mehr.
Klosterkirche Ibbenstadt
Burgruine Bad Vilbel
Nun ja. Anschließend
ging es auf den Bahnsteig. Der Zug fuhr ein, ich mit einem
anderen Radlerpaar rein. Im Zug stellten wir
dann fest, das der Zug nicht Richtung Heidelberg fuhr, sondern Richtung Hanau!
Wir alle Drei also in Frankfurt-West raus aus dem Zug. Das andere Ehepaar
erwischte dann
offenbar auf dem gleichen Bahnsteig einen Zug in Gegen-richtung zurück zum
Hauptbahnhof. Ich hingegen samt Rad und Gepäck runter in den Untergrund und
einmal mit der U-Bahn im Kreis herum unter der Frankfurter City zurück zum Hauptbahnhof. Dort
mit Karacho wieder nach oben und rein in den Zug Richtung Heidelberg, übrigens
zusammen mit dem anderen Radlerpärchen. Der Zug bzw. das Fahrrad-abteil war halb
leer und es handelte sich um den Zug, der laut Auskunft der Bahn keine Plätze
für Radfahrer mehr gehabt haben sollte!
"Thank you for travelling with Deutsche Bahn!".
Skyline Frankfurter vom
Bahnhofsplatz aus
Nun, ein wenig "Abenteuer" in der Zivilisation hat ja auch was und das war dann
mein Bericht zu dieser schönen und durchaus empfehlenswerten Drei-Flüsse-Tour.
Wer mir
etwas zu dieser Seite schreiben will, kann mir gerne eine
Email senden.
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